„Ich bin stolz aus Bonn zu kommen“

Am 22. Februar wird es ernst für die gebürtige Bonnerin Makeda Michalke (28). In der ARD-Sendung “Unser Song für Israel“ präsentiert die Sängerin live ihre englischsprachige Ballade für den Eurovision Song Contest, mit der sie bei den Jurys und dem Publikum punkten will. Der Sieger der sieben Teilnehmer der Show darf im Mai zum größten Musikevent der Welt nach Tel Aviv fliegen. Was Makeda gegen das Lampenfieber vor der Show macht und warum sie auf Englisch singt, erzählt sie im Interview.

Zusammen mit den anderen Finalisten hast du Anfang November in einem Song Writing Camp an den Titeln für die Show gearbeitet, wie muss man sich das vorstellen?

Uns unterstützten 30 bis 40 Songwriter und Produzenten. Es wurden jeden Tag Teams gebildet, in denen wir zusammen mit drei Songwritern in einem Raum einen Song erarbeiten durften. Dadurch haben wir in den fünf Tagen vier Titel geschrieben, jeden Tag mit einem anderen Team. Dann gab es eine Art Voting von ESC-Fans und ESC-Juroren, die uns einen Tipp gegeben haben, welcher Song am besten ankommt. Ich hatte direkt zwei Beiträge, die gleich bewertet wurden und konnte mich dann für einen entscheiden. Allerdings hätte ich auch die Freiheit gehabt, einen der anderen Songs zu nehmen, aber ich habe die Empfehlungen schon sehr ernst genommen.

Makeda Michalke, Foto: Christine Siefer
Makeda Michalke, Foto: Christine Siefer

Was kannst du über den Song verraten, der erst am Tag der Liveshow veröffentlicht wird?

An dem Tag, an dem mein Song entstanden ist, nahm ich mir vor, über Vergebung zu schreiben. Dann haben wir mit den Songwritern sehr lange über das Thema diskutiert und festgestellt, dass wir alle ähnliche Erfahrung gemacht hatten. Ich glaube, es ist etwas, das jeder nachvollziehen kann. Wenn wir zum Beispiel ein Foto von jemandem sehen, der uns verletzt hat, spüren wir immer noch Wut. Der Song, den wir letztlich geschrieben haben, soll helfen, über dieses Gefühl hinwegzukommen. Er heißt „The day I loved you most“.  Wir haben überlegt, dass es das Beste ist, den Ärger loszulassen und sich nur an die schönsten Momente zu erinnern, die man mit dem jeweiligen Menschen erlebt hat. Das hat uns alle sehr bewegt und ich hoffe, wer den Song hört, empfindet ähnlich. Musik kann manchmal helfen zu heilen, wenn ich dazu etwas beitragen kann, würde mir das viel bedeuten.

Wie leicht ist es dir gefallen, dich vor anderen Songwritern so zu öffnen?

Es mag seltsam klingen, aber ich habe im Songwriting-Camp jeden Tag geweint. Es ging an einigen Tagen schneller, da hatte ich mich nach zwei bis drei Stunden schon komplett seelisch geöffnet. An anderen Tagen ist es schwerer gefallen, wenn es zum Beispiel um ernstere Themen ging. Man muss fremde Leute in sein Leben hineinschauen lassen und das ist natürlich nicht einfach, aber das Ergebnis war eigentlich immer toll. Jeder von den Songs, die wir geschrieben haben, liegt mir sehr am Herzen und die Songwriter auch. Es ist ein bisschen so wie Speed-Dating, man muss ganz schnell alles voneinander wissen. Ich habe Freundschaften fürs Leben gefunden – auch in den anderen Kandidaten. Deswegen war das für mich eine tolle Erfahrung.

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Aber auf Deutsch zu singen war keine Option?

Hätte ich jetzt nicht beim ESC-Vorentscheid teilgenommen, hätte ich wahrscheinlich erst einmal deutsche Songs herausgebracht. Ich singe gerne auf beiden Sprachen und finde es immer schade, dass man sich entscheiden soll. Ich fände es auch toll, wenn wieder einmal ein deutschsprachiger Beitrag zum ESC fährt, aber das kann man nicht erzwingen. In meinem Fall ist es so passiert, dass wir alle zusammen eben in Englisch gedacht und getextet haben. Sowas ergibt sich einfach.

Du warst mit deiner Band Steal a Taxi schon beim Popcamp des Deutschen Musikrats und ihr habt in China die Stadt Bonn musikalisch vertreten, kannst du aus diesen Erfahrungen etwas für die jetzige ESC-Zeit ziehen?

Der Auftritt in China vor über 5000 Menschen ist natürlich etwas, das mich auf die ESC-Erfahrung vorbereitet hat. So eine Gelegenheit muss man schließlich erst einmal bekommen. Das habe ich alles meiner Stadt zu verdanken. Bonn war bisher unglaublich unterstützend bei meiner Karriere. Ich bekomme durch die Menschen hier viel Rückhalt, aber auch durch die Medien oder durch Leute wie Hans-Joachim Over, den Rock- und Pop-Beauftragten der Stadt. Ich bin sehr stolz, aus Bonn zu kommen.

Was machst du gegen Lampenfieber, vor allem vor der Liveshow am 22. Februar?

Ich stehe ja schon lange auf der Bühne und habe daher gefühlt schon jede Art von Lampenfieber durchgemacht. Ich bin ein Fan davon, mir Stille zu suchen und tief in den Bauch zu atmen. Ich sehe die Aufregung eher als Motor, um mein Bestes zu geben. Mit Lampenfieber singt man die besten Noten. So ist es jedenfalls bei mir. Aber ich weiß nicht, wie es beim Vorentscheid sein wird, ob mich das völlig überwältigt. Ich werde mich schon im Vorfeld darauf konzentrieren, dass im TV-Studio nicht so viele Leute sind – über den Rest denke ich gar nicht erst nach. Und dann hoffe ich einfach, dass es gut geht und viele Leute für mich anrufen.

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Beim ESC sind es dann mehrere hundert Millionen Zuschauer, bekommt man da nicht auch Panik?

Na klar. Ich glaube aber, dass der Künstler immer das Bedürfnis hat, seine Musik so vielen Leuten wie möglich zu präsentieren und sie damit entweder zu begeistern oder ihnen zu helfen. Daher träumt jeder Musiker von so einem Publikum und hat gleichzeitig panische Angst davor. Das geht mir nicht anders, aber trotzdem würde ich mich wahnsinnig über die Gelegenheit freuen, das einmal erleben zu dürfen.

Danke für das Interview.

Das ganze Interview als Video